Starkregenereignisse treten zuletzt vermehrt auf und gefährden auch Häuser, die nicht in unmittelbarer Nähe eines Gewässers liegen. Erst im Juni dieses Jahres hatten mehrere Kommunen im Landkreis mit starken Unwettern und tagelangen intensiven Niederschlägen zu kämpfen.
Mit der Folge, dass die Pegel der Donau und Abens stark anstiegen. Tagelang waren die Kräfte des Katastrophenschutzes im Landkreis im Einsatz, um Schlimmeres durch das Hochwasser abzuwenden. Doch wie können sich die Gemeinden auf derartige Schadensereignisse noch besser vorbereiten? Was kann an Präventionsmaßnahmen im Vorfeld bereits ergriffen werden? Und wie können die Bürger noch gezielter und noch rechtzeitiger gewarnt werden? Mit diesen und weiteren Fragen beschäftigten sich die Verantwortlichen der CSU im Kelheimer Landkreis. Deren Vorsitzende, Kelheims Landtagsabgeordnete Petra Högl, hatte hierzu ihren früheren Abgeordnetenkollegen Alfons Brandl und Reinhard Brodrecht, Geschäftsführer der Spekter GmbH, eingeladen. Beide sind ausgewiesene Experten im Bereich des Starkregenüberflutungsschutzes für Kommunen. Brandl, der 18 Jahre lang Bürgermeister der Gemeinde Herrieden im Landkreis Ansbach war, hatte im Jahr 2016 mit Reinhard Brodrecht ein erstes bayerisches Pilotprojekt zum kommunalen Sturzflut-Risikomanagement etabliert. Die Weiterentwicklung dieses Pilotprojektes dient zwischenzeitlich als Grundlage für eine vom Freistaat geförderte Erstellung von integralen Konzepten zum kommunalen Sturzflut-Risikomanagement. Diese sollen den Kommunen Möglichkeiten zur Vorsorge, Vermeidung und Nachsorge aufzeigen. Auch mehrere Gemeinden im Landkreis, darunter etwa Painten, Herrngiersdorf oder die Stadt Kelheim, haben hier bereits die Initiative für mehr Schutz vor Starkregenereignissen ergriffen.Anhand von Praxisbeispielen aus der Gemeinde Herrieden und dem Landkreis Fulda, in welchen entsprechende Frühwarnsysteme bereits installiert wurden, sowie auch aus der Stadt Kelheim, wo dies gerade umgesetzt werde, zeigten Brandl und Brodrecht auf, wie sich Kommunen „auf Dinge rüsten können, mit welchen keiner rechnet“. So würden etwa 70 Prozent der Versicherungsfälle bei Häusern durch Starkregenereignisse in Folge geöffneter Kellerfenster entstehen. Genau deshalb brauche es nach Brandls Worten Systeme, welche die Behörden sowie Bürger frühzeitig warnen. Doch wie funktioniert das ganze konkret? Hierfür würden Starkregengefahrenkarten für die jeweiligen Kommunen erstellt, welche durch ein Computermodell prognostizierte Fließwege und Überflutungen durch wild abfließendes Wasser eines Starkregens aufzeigen. Mit Hilfe dieser Projektionen können die Gefahren und Risiken abgeschätzt und daraus entsprechende Präventionsmaßnahmen abgeleitet werden. „Wir wissen also genau, welches Wasser bei welchem Regenereignis wie abfließt“, führte Brandl aus. Um vor möglichen Schäden zu schützen, können konkrete Maßnahmen entwickelt werden. „Etwa, durch bauliche Maßnahmen am eigenen Grundstück. Oder, dass die Gemeinde den Abfluss des Wassers durch Schaffung von Gräben intelligent steuert“. Daher sei nach den Worten Brandls und Brodrechts bei der Bauleitplanung einer Gemeinde ein besonderer Fokus auf dieses Thema zu legen. „Denn wenn ich weiß, wo ich ansetzen muss, kann ich dies gezielt tun.“
Neben der Umsetzung präventiver Maßnahmen aus den gewonnenen Erkenntnissen der Starkregengefahrenkarte liege ein zweiter Schwerpunkt auf der frühzeitigen Alarmierung der Behörden und Bürger bei potenziellen Gefahren. Alarmieren und Abwehren sei hier die Prämisse. „Mit Hilfe von Pegelsensoren, Niederschlagssensoren, Kanalsensoren lernt das Frühwarnsystem aus vorherigen Datenreihen und erkennt, wie Gewitterzellen reinfliegen. All diese Daten werden in einer Cloud zusammengefasst, die dann die Behörden frühzeitig warnen.“ Dies ermögliche etwa den Einsatzkräften Gefahrenschwerpunkte auszumachen und frühzeitig gegenzusteuern, um Leben zu schützen, Schäden zu minimieren bzw. abzuwenden. „Es geht hier darum Zeit zu gewinnen, bevor das Ereignis eintritt“. In Fulda sei dieses System nun landkreisweit ausgerollt worden. Mit Hilfe einer App werden die Bürger und Rettungskräfte dort frühzeitig vor Starkregenereignissen alarmiert.
Auch die Stadt Kelheim investiere seit Jahren in das Sturzflutenmanagement, wie 3. Bürgermeisterin Johanna Frischeisen ausführte. Unter Berücksichtigung der vorhandenen Kanalisation wurde die Starkregengefahrenkarte für das ganze Stadtgebiet ermittelt. Seit 2023 kann sich jeder Bürger die Karte für sein eigenes Grundstück online anfordern. Dort werde er auch über die Pflicht zur Eigenvorsorge sowie mögliche Schutzmaßnahmen informiert. Im Juli dieses Jahres habe die Stadt Kelheim nun ein Starkregenfrühalarmierungssystem beauftragt. Mit Hilfe von Niederschlagssensoren und Pegelmessstationen werden Gräben und Einläufe in der ganzen Stadt überwacht. Als nächstes stehe die Inbetriebnahme der App an, mit welcher sich die Bevölkerung in Kelheim über bevorstehende Starkregenereignisse warnen lassen könne.